Kosmopolitismus bei Ulrich Beck: Vielleicht besser mit Appiah? 6.5.07 [DE]
Zu Ulrich Beck: "Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach verlorenen Sicherheit".
Siehe Buchbeschreibung in Books > Non-Fiction > [DE]
Scharfe Kritik in TP: "Nur der Kosmopolitismus kann uns noch retten" (16.04.2007):
Bei "Kosmopolitismus" handelt es sich um ein früheres, epochemachendes, Buch Becks. Jetzt hat er seinen These weiter ausgearbeitet."Der Münchner Soziologe Ulrich Beck übt sich in Kassandra-Rufen, weiß aber, wie man sie zum Verstummen bringen und die Menschheit rechtzeitig retten kann". - [...]
- [Obwohl] die Hauptthese der "Risikogesellschaft" mehr als schlicht war und immer noch ist. Abgeluchst hatte sie der Autor den Dialektikern der Aufklärung. Im Kern meint "Risikogesellschaft" nämlich nichts anderes, als dass die moderne Gesellschaft genau jene Katastrophen in dem Maße selbst hervorbringt, wie es ihr gelingt, den wissenschaftlich-technischen Fortschritt zu steigern. Dem unstillbaren Drang nach stetiger Optimierung von Lebensbedingungen und Lebenschancen stehen unbeabsichtigte Folgeschäden gegenüber, die genau aus ebendiesen Lebensverbesserungen herrühren. Anders als die Frankfurter Untergangssoziologen wollte Beck deren Katastrophengesänge jedoch nicht mitmachen. Wie Habermas pochte er auf die Kraft der Reflexion, darauf, dass in der Gefahr das Rettende wachsen und die Kräfte des Lichts über die Kräfte des Dunklen obsiegen würden.
Und wie sollte so etwas gestaltet werden? Der TelePolis-Kritiker:
Was Beck hier reitet, ist sein bekanntes Steckenpferd einer "Weltbürgergesellschaft", die von transnationalen Institutionen getragen wird, die sich mit Nichtregierungsorganisationen und anderen zivilgesellschaftliche Netzwerken zwecks Gefahrenabwehr und Durchsetzung guter Absichten auch gegen gewählte Regierungen verbünden. Zur Diskussion steht ein "Zwangskosmopolitismus", der die allseits gefährdete Menschheit trotz aller religiöser, kultureller oder sonstwelcher Unterschiede auf eine gemeinsame Perspektive festlegt. Auf diese Weise wird aus dem Zusammenprall der Kulturen ein Zusammenprall von Risikokulturen, und aus dem drohenden Weltbürgerkrieg eine neue "Weltinnenpolitik", die kein Außen kennt und kein "Denken des Außen" mehr zulässt. Auf die Idee, dass das die Katastrophe schlechthin sein könnte, darauf kommt der Soziologe nicht.
Pfui!: Soll es denn ganz verboten sein, um auch die Aufteilung der Welt in Nationalstaaten mitzubeziehen in eine Untersuchung der möglichen Ursachen der weltweite Unmacht gegenüber Risiken?
Auch ich denke nicht, dass eine Weltregierung, wenn überhaupt praktisch realisierbar, diese Probleme einfach lösen könnte. Ich stimme vielmeht überein mit Kwame A. Appiah (Kosmopolitismus, 2006), ebenfalls aufgenommen in der genannte "BOOKS" Liste (ins [DE] übersetzt), der klar aufweist, dass vorläufig die Weltstruktur der Nationalstaaten das einzige Vehikel sei um diese technische, ökonomische und moralische Probleme anzufassen. Der Weg der Zusammenarbeit wird schwierig sein. Man weiss nicht worauf es ausläufen kann. Aber er ist nicht unbegehbar in die Richtung einer neuen, starkeren, Weltordnung.
Der mittelälterliche Insasse einer Grafschaft oder Kleinstadt hat auch nicht vermuten können, dass das Heil, wenigstens mehr Sicherheit, nicht aus der (Wieder)kunft eines Imperium (des Kaisers oder Gottes) kommen würde, sondern aus einem System von nationalen Rechtsstaaten.
Man arbeitet mit des Strukturen die vorhanden sind. Ihre Inhalt ist immer weiterentwickelbar. Nur wenn alle Möglichkeiten ausprobiert sind, wandeln sich auch die Strukturen.
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